Mitten durch Berlin

Mitten durch Berlin

17 SSK-Mitglieder der Sektion Dreyländeregg trafen sich um 03.00 Uhr bei Meier Reisen in
Arlesheim. Der freundliche Chauffeur konnte pünktlich um 03.30 Uhr abfahren. Trotz des
vielen Gepäcks hat er den Anhänger wieder abgehängt und alles im Bus verstaut und somit
konnte er statt 80 mit 100 km Richtung Zürich fahren.

Zusammenfassung:

24. September 2022 bis 1. Oktober 2022
Organisation: Patricia und Markus Woodtli
43 Teilnehmer
17 aus der Sektion Dreyländeregg
10 Schiffe von Kuhnle-Tours:
9 Kormorane und 1 Aquino
Total Schleusen 5
Total Kilometer 195
Total gefahrene Zeit 27 Stunden

Samstag, 24. September 2022
Wetter in Basel regnerisch / Wetter in Berlin bedeckt und trocken / gefahrene km: 20

Mit einer kleinen Verspätung startete die Swiss-Maschine Richtung Berlin. Dort hatten wir auf dem neuen Flughafen einige Mühe, den Zubringerbus zu finden. Trotzdem waren wir zur rechten Zeit in Zeuthen auf der Kuhnle-Basis. Der Eindruck der Basis zeigte noch Spuren aus DDR-Zeiten. Schon bald kam der erste Höhepunkt: nach einem kurzen Fussmarsch war plötzlich Apéro-Zeit. Alle hatten etwas Hunger und Durst und alle Wünsche wurden erfüllt. Nach der Pause war jetzt plötzlich Smutje-Zeit. Schließlich musste ja noch für eine Woche Frühstück und Apéro eingekauft werden. Der Rewe-Markt war 800 Meter entfernt und auf der Basis hatte es nur zwei Handwagen. Die Bedenken, wegen dem Transport, waren nur kurz, da waren Katja und Albert Singer sowie Beatrice und Jakob Zurbuchen mit ihren Privatautos und haben den Transport teilweise übernommen. Je ein Schiffsführer musste auf der Basis zur Schiffsübernahme bleiben. Pünktlich um 14 Uhr begann die Einweisung durch die Chefin mit zackigem Berliner Charme. Um 15.30 Uhr konnten alle zehn Schiffe ablegen und über den Zeuthener und den Müggelsee beim Wassersportzentrum Berlin Spreepoint um 18 Uhr anlegen. Die junge Hafenmeisterin ist sofort auf einen Kormoran aufgestiegen und hat jedem Boot einen Platz zugewiesen. Um 19 Uhr haben uns Patricia und Markus im Restaurant Bräustübl zum Apéro und Nachtessen erwartet. Danach neigte sich ein langer Tag dem Ende zu und frühzeitig war auf allen Schiffen Nachtruhe angesagt.

Sonntag, 25.September 2022
Wetter: gut, leicht bedeckt / gefahrene km: 26 /Schleusen: 2


Auf unserem Schiff mit dem Namen «Dorsch» gab es zum Frühstück Spiegeleier. Wir hatten Glück, zwei Smutje an Bord zu haben. Zum einen Esthi Wentz, zum andren René Flad. Pünktlich um 9 Uhr startete der Konvoi Richtung Köpenick, Baumgarteninsel, Rümmels-Burger See, Insel der Jugend, auf der Spree durch Ober- und Unterschleuse zur Anlegestelle Schlossbrücke Charlottenburg. Der Schleusenwärter der zweiten
Schleuse war sehr humorvoll, hat er doch über Lautsprecheranlage verkündet, dass er jetzt Pause mache und im Weiteren seien Motoren abzustellen sowie auf das Rauchen zu verzichten. Um 14.20 Uhr wurden die Boote am Steiger vertäut. Jetzt war der Besuch von Schloss Charlottenburg angesagt. Nach dem
Bildervortrag war ein Umtrunk in einem umliegenden Gasthof unumgänglich. Zur großen Freude besuchte uns am Anlieger der Schweizer Botschafter und zeigte großes Interesse an unseren Schiffen. Das
Nachtessen war fakultativ und somit konnte jede Crew nach Wunsch und Laune ein Restaurant aussuchen. Ein großes Kompliment richte ich an die Heizung der Schiffe, bei den kühlen Nächten waren die Radiatoren eine sehr gute Wärmequelle.

Alle zehn Boote am öffentlichen Anleger Charlottenburg
Schleuse Charlottenburg von oben. Alle passen in einem Schleusengang durch

Montag, 26.September 2022
Wetter: sehr gut, mässiger Wind / gefahrene km: 27 / Schleusen: 1

Nach zwei Kilometern Fahrt kam bereits die erste Schleuse und alle zehn Schiffe konnten auf einmal schleusen. Trotz des Rotsignals im Wartebereich für Sportboote sind alle losgefahren, vergebens wartete ich auf eine Belehrung des Schleusenwärters via Lautsprecher. Nach einer gemütlichen Fahrt steuerten wir den Hafen von Potsdam an. Der sehr hilfsbereite Hafenmeister hat für jedes Boot einen Platz zugewiesen. Nach einem oder zwei Ankertrunks fuhr der Bus mit Reiseleiterin vor. Bei der dreistündigen Führung besuchten wir nebst Park Sanssouci und Cecilienhof diverse schöne Gebiete von Potsdam. Die charmante Reiseführerin erzählte nicht nur aus der vergangenen Römerzeit, sondern auch Geschichten aus ihrer Jugend in der DDR-Zeit, welche den meisten noch geläufig ist. Für das fakultative Nachtessen wählten einige das Hafenrestaurant aus. Von außen eher eine Kneipe, aber innen war das Essen, im Wintergarten, perfekt. Beim Dessert er zählte uns Goffredo Lörtscher von seinen Erlebnissen mit seinem Schiffsmotor. Dieses Jahr verzeichnete er so viele Ausfälle, dass er sich entschlossen hat, einen neuen Motor einbauen zu lassen. Seine Anekdoten mit entsprechenden Bildern wird er allen Interessierten bei seinem Referat am Hogg vom 1. Februar 2023 in Basel erzählen.

Am Steg in einer Linie – Marina am Tiefen See Potsdam
3er Pack rechts und 2er Pack links – passt!

Dienstag, 27.September 2022
Wetter: leichter Regen / gefahrene km: 16


Da wir erst um 14 Uhr zum Ablegen bereit sein mussten, nutzten alle die freie Zeit, den Bordvorrat zu ergänzen. Auf der Fahrt über den Templinersee und den Schwielowsee fuhren wir auf der Havel nach Werder. Nach einer kurzen Orientierung der Schiffsführer durch Markus, betreffend der Durchfahrt Berlin-Mitte, war der Apéro angesagt. Das vorzügliche Nachtessen und das sehr freundliche Personal sowie eine (oder zwei) Tröpfchen Fischergeist, rundeten den schönen Tag ab. Nach dem Absacker auf den Schiffen wurden die Lichter gelöscht.

Megapack in Werder, direkt neben dem Fischrestaurant Arielle, wo wir das zweite gemeinsame Nachtessen genossen

Mittwoch, 28. September 2022
Wetter: trocken, leicht bewölkt /gefahrene km: 42

Pünktlich um 9.30 Uhr wurden die Leinen gelöst. Über den großen und kleinen Zernsee und der Postdamer Havel und dem Sacrow-Paretzer-Kanal ging es ostwärts zum Schlänitzsee, Fahrlandersee, Weissersee, Jungfernsee via Havel nach Spandau. Teilweise fuhren wir bergwärts, teilweise talwärts. Durch diese Wechsel war auch die Betonung rot/grün manchmal verwirrend. Es kam vor, dass Schiffsführer auch mal auf der falschen Seite fuhren. Um 14.30 Uhr legten wir, trotzdem unversehrt, bei der Marina Lanke Spandau an. Der ordnungsliebende Hafenmeister wies allen Booten einen Platz zu. Heute war fakultatives Nachtessen angesagt. Wir haben uns für den Italiener entschieden.

Richtung «Berlin Mitte» nochmals durch die Schleuse Charlottenburg

Donnerstag, 29. September 2022
Wetter: bedeckt / gefahrene km: 20 / Schleusen: 1

Noch vor 7 Uhr sind alle Schiffe gestartet. Über die Havel, die untere Spree sind wir auf der Berliner
Spree an unserem Nachtlager Schiffbauerdamm, unweit des Regierungsgebäudes, um 9.30 Uhr angelangt. Wir mussten so früh fahren, weil Berlin-Mitte ohne Funkausrüstung ab 10.30 Uhr nicht befahren werden darf. Jetzt setzte auch der starke Verkehr mit Ausflugsbooten ein. Wehe du kommst ihnen ins Fahrwasser, ich vertraue den Kormorans auf ihre Stabilität, traue aber nicht den Kappenmännern (Wasserschutzpolizei). Auch aufgefallen sind mir die vielen Clochards an den Ufern. Bei den einen bestand die Wohnung aus alten Schachteln, bei anderen aus einem Zelt mit Vorplatz. Ich frage mich, wer glücklicher ist, die am Ufer oder wir, mit Vorschriften übersäten. Da wir sehr nahe beim Kanzleramt und dem Brandenburger Tor waren, war eine Citytour, speziell für die Damen, ein Muss. Wir wollten eigentlich auf den Fernsehturm, um die Aussicht zu genießen, aber 26 Euro Eintritt fanden wir dann doch zu überrissen.

Sieben Kuhnle-Boote am 100 Meter langen Schiffsbauerdamm, unweit des Regierungsviertels

Freitag, 30.September 2022
Wetter: sehr schön / gefahrene km: 37 / Schleusen: 1

Weiter ging’s auf der Spree und auf der Dahme und über den Zeuthener See bis nach Wildau. Anlegen im
Yachthafen Wildau. Der Hafenmeister wies und die Plätze so zu, dass es in der Einfahrt eng wurde. Somit hatten zwei Hafenanlieger an uns Schweizern nicht enorm große Freude. Um 15 Uhr waren alle Schiffe platziert und einige Schiffsbesatzungen legten einen Mittagsschlaf ein. Jetzt stand das große Abschiedsessen auf dem Programm. Das Hafenrestaurant «Villa am See» war nur zwei Steinwürfe entfernt. Während des Apéros erklärten uns Patricia und Markus, wie das morgen mit der Schiffabgabe laufen würde. Ein mitreisender Obmann einer Sektion hat während der Reise für die Organisatoren gesammelt. In einer kleinen Laudatio bedankte er sich, im Namen aller Teilnehmer bei Patricia und Markus. Sie haben nicht nur organisiert und bestellt, nein sie haben uns geführt und waren immer zur Stelle. Für ihr großes Engagement wurde ihnen ein Gutschein eines der größten Jachtausrüster der Schweiz ausgehändigt. In seiner Dankessprache meinte der Sprecher: Bei solchen Organisatoren kommen wir nächstes Jahr wieder.

Letzter Abend in der Villa am See
Fotosujets gibt’s überall – neben und auf dem Wasser

Samstag, 1. Oktober 2022
Wetter: leicht bedeckt, eher kühl

Jetzt kam die letzte kurze Fahrt von Wildau nach Zeuthen. Angekommen auf der Basis, haben die Herren sofort begonnen, das Gepäck aus den Schiffen zu nehmen. Die Damen und Smutjes haben die Boote besenrein gemacht. Nach einer kurzen Wartezeit kam die gleiche Chefin, wie bei der Schiffsübergabe, hat kurz die Betriebsstunden abgelesen und kontrolliert, ob wir nichts vergessen haben. Auf unserem Schiff haben wir prompt einen 12-Volt-Stecker liegen gelassen. Sofort hat sie uns das Objekt übergeben und gefragt, ob am Schiff etwas defekt sei. Da alles so speditiv abgelaufen war, waren wir etwas zu früh und konnten genüsslich eine Pfeife rauchen (Nichtraucher wissen nicht, wie schön das ist). Mit dem Zubringer-Bus fuhren wir zum Flughafen. Jetzt kam wieder das Prozedere wie in Zürich: Isaak Nohara suchen und schauen, wie er das Gepäck aufgibt. Die Billette hatten wir bereits beim letzten Nachtessen erhalten. Nach ein bis zwei Umtrünken und der Einnahme einer Zwischenverpflegung konnten wir den Weg zum Gate in Angriff nehmen. Nach dem Besteigen des Airbus der Swiss haben alle ihren Platz eingenommen. Der Pilot gab durch, dass sich der Abflug wegen dem Gepäck um dreißig Minuten verspätet. Dann wurde vom Personal die obligate kleine Schokolade und eine Flasche Wasser verteilt. Zufällig habe ich von meinem Sitz aus einen Blick aus dem Fenster geworfen und – man glaubt das nicht – da stand ein Förderband und unsere Koffer und kein Mensch, der das ganze bediente. Jetzt haben die Verantwortlichen zwanzig Jahre an diesem Flughafen gebaut, abgeändert, repariert etc. haben aber vergessen, genügend Personal zu rekrutieren. Als endlich das Gepäck verladen war, gab der Pilot bekannt, dass wegen schlechtem Wetter in Zürich weitere dreißig Minuten gewartet werden müsse. Nach einer geglückten Landung haben sich die Basler von den Kollegen und Kolleginnen der östlichen Schweiz verabschiedet und sind per Bus nach Arlesheim gereist.

Fazit
Das war eine sehr schöne Woche. Einen Dank richte ich an alle Teilnehmer für ihre Pünktlichkeit. Wir konnten jeden Tag gemeinsam pünktlich losfahren und fast keiner hat vorausfahrende Schiffe überholt. Danke auch an Köbi Zurbuchen, für seine schönen Luftaufnahmen. Ein riesengroßer Dank richtet sich an die Organisation Patricia und Markus. Macht weiter so, wir kommen wieder.

Text und Bilder Peter Wentz, Goffredo Lörtscher, Jakob Zurbuchen

Törnbericht aus der Zeitschrift Schleusenschiffer 04-2022

Spätsommertörn mit einer Aquino auf der Seenplatte zwischen Müritz, Neustrelitz und Rheinsberg

Spätsommertörn mit einer Aquino auf der Seenplatte zwischen Müritz, Neustrelitz und Rheinsberg

Hier finden Sie einen ausführlichen Erfahrungsbericht von Herrn Wiswe, seiner Frau und der Schafpudelhündin Trudi. Sie sind zusammen im Oktober mit einer Aquino unterwegs gewesen. Gerade für Pärchen ist dieser Bericht sehr zu empfehlen.

Hausboot fahren im Herbst

Indian Summer auf Havel, Spree und Dahme

Der Goldene Oktober lockt unabhängig von den Herbstferien zu einem Törn auf Seen und Flüssen. Die Taschen sind schnell gepackt. Angebrochene Speisen und Getränke aus der Küche werden in der Kühlbox verstaut. Zu dritt erreichen wir nach knapp drei Stunden gegen Mittag die Charterbasis am Südufer der Müritz.

Einige ungeduldige Chartergäste schlendern bereits vorm Einchecken und der Einweisung über den Steg. Auch wir haben es eilig, verstauen Gepäck und Vorräte im Boot, holen uns im Büro einen aktuellen Törnatlas und legen ab. Die zu Hause frisch zubereitete Lasagne sollte für den ersten Abend reichen. Spätestens am nächsten Tag wollen wir in Fürstenberg an der Havel beim Discounter nachbunkern.

Die Schleusen im Mecklenburg-Vorpommern schließen rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit schon gegen 17.45 Uhr. Fünf Stunden sollten reichen, um noch am ersten Tag ein Stück voranzukommen. Wir schaffen ohne Warten vier Schleusen. Hinter der Kleinen Müritz entdecken wir über dem Sumpfsee Adler in der Luft. Im Lärzer Kanal vor Mirow leuchten die Gefieder einiger Eisvögel im Licht der Nachmittagssonne. Spätestens ab dem Zotzensee südlich von Mirow sind wir umgeben vom „Indian Summer“. Bei Priepert mündet der Oberlauf der Havel von Norden kommend in den Ellbogensee. Am Abend machen gemütlich an der Sportbootwartestelle in Steinhavel fest. Nach dem ersten Anlegebier steigt der Duft der Lasagne vom Backofen in den Salon. Im Schein der übereinanderstehenden roten Ampeln vor der Schleuse stimmen wir uns auf eine erholsame Woche auf dem Wasser ein. Müde kriechen wir in die Kojen.

Tag 2

Am nächsten Morgen leuchten die beiden Ampeln wie am Vorabend übereinanderstehend. Das bedeutet, die Schleuse ist außer Betrieb. Als Gedankenstütze kann man sich einen Schleusenwärter im Schlaf vorstellen. Auf der Seite liegend stehen seine Augen für den Betrachter übereinander. Ist der Schleusenwärter aufgestanden und aufrecht zum Dienst gegangen, stehen beide Augen nebeneinander. Dann leuchten auch die beiden roten Ampeln nebeneinander. Genaugenommen erlischt eine Ampel und stattdessen wird eine dritte Leuchte dazugeschaltet.

In unserem Fall erlischt eines der beiden roten Lichter wenige Minuten vor Betriebsbeginn, ohne dass ein zweites eingeschaltet wird. Das bedeutet, dass die Schleusung vorbereitet und unmittelbar bevorsteht. Kurz darauf erlischt das rote Licht und wechselt auf Grün. Wir starten den Motor, legen ab und jonglieren das Boot in die Schleusenkammer. Nach wenigen Minuten sind wir draußen, fahren über die enge Havel auf den Röblinsee und sehen die Kulisse von Fürstenberg voraus. Hinter der ersten Selbstbedienungsschleuse auf dieser Reise machen wir am Gästesteg des Fürstenberger Yachtclubs fest, legen 3 Euro Kurzliegegeld in den Briefkasten des Hafenmeisterbüros und schlendern vorbei am Schluss zum nahegelegenen Supermarkt. Die für eine Woche bemessenen Vorräte verteilen wir auf Kühlschrank und freie Schubläden.

Weiter geht es nun im Land Brandenburg über den Schwedtsee vorbei an der ehemaligen Eisenbahnfähre der Gedenkstätte Ravensbrück auf den Stolpsee. An dessen Südostufer wechselt die Kulisse. Hinter den alten im Wasser stehenden Bootshäusern ragt das von Buchen bewachsene Ufer steil auf. Nach zahlreichen Kurven erreichen wir Bredereiche mit dem einer Guillotine ähnelnden oberen Schleusentor. Ein Stück weiter erreichen wir Regow mit der Ziegenfarm Capriolenhof. Der Käse von hier wir in Berliner Sternerestaurants und Märkte in der Region geliefert. Im Herbst öffnet der Hofladen nur am Wochenende. Wir sparen uns den Besuch für die Rückfahrt auf.

An der Schleuse Zaaren widerfährt uns ein Missgeschick. In der Eile dreht unser Mitfahrer statt des grünen den roten Bedienhebel und löst einen Notstopp der Schleusung aus. Über die Sprechsäule erreichen wir niemand und auch nicht über o2. Zum Glück hat unser Crewmitglied einen anderen Handyprovider, über den die Verbindung mit der Leitzentrale endlich zustande kommt. Der Mitarbeiter will versuchen, das Problem in etwa zehn Minuten zu lösen. Es besteht aber keine Internetverbindung und deshalb könne kein Reset der Schleusensteuerung durchgeführt werden. Dass man mitten in der märkischen Walachei bei technischen Infrastruktur ausgerechnet aufs Internet vertraut, gibt uns zu denken. Ein Blick auf die Masten mit den Webcams gibt einen Hinweis auf die Übertragungsart des Internets: Satellitenschüsseln deuten darauf hin, dass die Bilder über den Äther in die Leitzentrale übermittelt werden. Demnach dürfte der Mann am Bildschirm statt der Schleuse gerade Schnee sehen.

Nach einer Weile rufen wir erneut in der Zentrale an. Der Mitarbeiter sagt, er hätte nun aus Eberswalde einen Techniker in Marsch gesetzt. Bis der eintrifft, kann es eine gute Stunde dauern. Nach eineinhalb Stunden Wartezeit ist von dem Techniker nichts zu sehen. Plötzlich verstummt der nervige Alarmton und das Schleusentor schließt hinter uns. Wir lösen die Festmacher, um beim Abstieg nicht in der Kammer hängenzubleiben. Mit deutlicher Verspätung und reichlich Fontane-Feeling auf der verbleibenden Strecke erreichen wir am Abend Zehdenick noch rechtzeitig vor Schleusenschluss. Hinter der gleichzeitig mit der Schleuse öffnenden Klappbrücke machen wir über Nacht an der Wartestelle fest.

Tag 3

Am dritten Tag zieht es uns in aller Frühe zum Bäcker am Rathausmarkt. Zeitig legen wir ab, um durch den Vosskanal und die Schleusen in Bischofswerder und Liebenwalde zu gelangen. Die Ampeln stehen bereits auf Grün. Wir fahren direkt in die Kammer und bedienen mit besonderer Vorsicht den grünen Hebel. Über die Oder-Havel-Wasserstraße erreichen wir die Wartestelle der Schleuse Lehnitz. Wir warten auf einen angekündigten Eisbrecher. Hinter diesem dürfen wir in die Kammer fahren. Wir blicken gespannt aufs Schilf zwischen dem Wartesteg und der Uferböschung und hoffen, einen Biber zu sehen. Leider haben wir heute kein Glück.

Wir lassen den Lehnitzsee und die Kleingärten von Oranienburg hinter uns. Einige Kilometer weiter erreichen wir das 1917 von der AEG gegründete Elektrostahlwerk Hennigsdorf. Lastkähne aus Richtung Polen liefern hier Metallschrott für die Schmelzöfen an. Kurz vor der Abzweigung in den Nieder-Neuendorfer See passieren wir das Eisenbahnwerk von Bombardier. Auf den Abstellgleisen zum Kanal hin warten Regionalexpresszüge für die DB und die Österreichischen Bundesbahnen auf die Übergabe. Seit wir ab dem Havel-Oder-Dreieck auf dem Kanal fahren, haben wir noch kein Binnenschiff gesehen. Einen Biber entdeckten wir kurz hinter Oranienburg.

Auf dem Nieder-Neuendorfer See verlief früher die DDR-Grenze zu Westberlin. Hier kommt uns von der Spandauer Schleuse her das erste Binnenschiff entgegen. Kurz vor Tegelort wird das Fahrwasser der Havel enger und wir gehen mit der Fahrt runter, um die Autofähre vor uns vorbeizulassen. Vor uns liegt Spandau mit der Insel Eiswerder vor uns und den alten Speichern zur Rechten, die zu Eigentumswohnungen mit Wasserblick umgebaut werden. Ohne lange Wartezeit gelangen wir durch die Schleuse und nehmen Kurs auf Gatow.

Wir melden uns bei den Eltern unserer Schwiegertochter. 20 Minuten später machen wir in der Nähe des Hauses fest. Coffee time. Die Verwandtschaft liefert Nachschub an Kaffeefiltern und wir frischen Kaffee und den Obstkuchen vom Bäcker in Zehdenick. Schwiegertochters Papa ist von unserem Bootsnamen LURCHI ganz angetan. Der weckt in ihm Erinnerungen an die Kindheit, als es im Schuhgeschäft die Hefte mit dem Salamander zum Sammeln gab. Die Großmutter nannte ihn damals Lurchi.

In der Abenddämmerung geht es zurück nach Spandau, um eine weitere Mitfahrerin am Bahnhof im Empfang zu nehmen. Die Wartezeit auf den ICE wird genutzt, um schnell noch einige Flaschen Wein nachzubunkern. Zu viert starten wir von der Spreemündung aus in Richtung Charlottenburger Schleuse. Wir erreichen diese kurz vor 22 Uhr. Am Charlottenburger Ufer neben dem Schloss machen wir am öffentlichen 24-Stunden-Anleger über Nacht fest.

Tag 4

Im Morgengrauen werden wir von Bauarbeiten am gegenüberliegenden Ufer geweckt. Gut so, denn wir wollen zeitig durchs Regierungsviertel. Es ist noch ruhig auf der Spree und wir können uns in dem von den Behörden vorgegebenem Zeitfenster ohne Druck voranschleichen. Die überwiegend älteren Industriebauten im Kreuzungsbereich der Spree mit dem Landwehr- und dem Charlottenburger Verbindungskanal gehen allmählich in die Repräsentationsbauten der Politik über. Die S-Bahnstation Bellevue kündigt den Amtssitz des Bundespräsidenten an, der sich hinter einer mit Videokameras bespickten Mauer befindet. Die der Spree abgeneigte Fassade mit dem Rasen davor ist dennoch gut zu erkennen. Dahinter ragt die goldene Viktoria auf der Siegessäule thronend über die Baumkronen des Großen Tiergartens hinweg.

Auf dem Moabiter Werder zur Linken erstreckt sich die schlangenartig gewellte, kurz vor der Wende von Georg Bumiller entworfene Anlage mit 700 Wohnungen, an deren östlichem Ende das Erweiterungsterrain fürs Kanzleramt anschließt. Gegenüber zeigt sich das markante Haus der Kulturen der Welt, die vom amerikanischen Volk nach dem Zweiten Weltkrieg gestiftete ehemalige Kongresshalle, im Volksmund „Schwangere Auster“ genannt. Gleich dahinter folgt der wuchtige Betonbau des Bundeskanzleramts mit der Brücke zum Erweiterungsgelände, und an der Flagge zu erkennen die Botschaft der Schweiz. Am Nordufer der Spree gegenüber erstrahlt kaum noch erkennbar die gläserne Konstruktion des Hauptbahnhofs. Auf dem Washingtonplatz stört ein Glaswürfel den freien Blick auf das Bahnhofsgebäude. Als Solitär wäre der Cube Berlin mit der nach innen gefalteten Glasfassade architektonisch interessant. Den Bahnhof verdeckend wirkt das Gebäude deplatziert. Ob sich der Stadtplaner dessen wohl bewusst ist?

Hinter dem Hauptbahnhof ragt ein weiterer Würfel schon länger über die Dächer Berlins – der des berühmten Klinikums Charité. Hinter dem Spreebogenpark verbindet eine Fußgängerbrücke das nach Paul-Löbe benannte Abgeordnetenhaus mit der Bibliothek des Bundestages. Direkt am Ufer gedenken „Weiße Kreuze“ den Opfern, die genau hier und an anderen Stellen bei der Flucht über die Mauer ums Leben gekommen sind. Dahinter öffnet sich für einen Moment der Blick auf das Reichstagsgebäude. Hinter der Marschallbrücke liegt linkerhand der für 24 Stunden kostenlos nutzbare Sportbootanleger Schiffbauerdamm mit Blick auf das ARD-Hauptstadtstudio.

Hier auch nur für einige Stunden festzumachen lohnt sich. Am Reichstagsufer entlang führt der Weg zum Bahnhof Friedrichsstraße. Im „Tränenpalast“, dem ehemaligen Abfertigungsgebäude für die Ausreise aus Ostberlin, bietet eine sehenswerte Ausstellung interessante Einblicke in das ehemals geteilte Berlin. Gegenüber auf dem Schiffbauerdamm führt der Weg vorbei an der „Ständigen Vertretung“ zu Bertold Brechts Wirkungsstätte Berliner Ensemble. Gegenüber vom Bahnhof an der Friedrichstraße locken der Admiralspalast und das Kabarett Distel ins Theater. Hinter der Weidendammer Brücke liegt rechts das berühmte Revuetheater Friedrichstadtpalast.

Dahinter mündet die Friedrichstraße in die Chausseestraße. Hinter einer Mauer liegen der Kirchhof der Französischen Reformierten Gemeinde und der Dorotheenstädtische Friedhof. Die hier neben Brecht und Helene Weigel ruhenden Prominenten bis hin in die jüngere Zeit würde den Rahmen sprengen. Lieber sollte sich der Leser die Zeit nehmen, hier selbst auf Entdeckungstour zu gehen.

Unsere Bootstour führt an der Museumsinsel vorbei. Dem Bode-Museum mit byzantinischer Kunst folgen das Pergamonmuseum mit den antiken Sammlungen und die Alte Nationalgalerie mit dem Reiterstandbild Friedrich Wilhelm IV. Unübersehbar an der nächsten Brücke ragt die Kuppel des Berliner Doms empor, gefolgt vom wieder aufgebauten Stadtschloss, an dessen Stelle zu DDR-Zeiten der Palast der Republik stand. Heute befinden sich im Schloss die Kunstausstellungen des Humboldt-Forums.

Hinter der Rathausbrücke, benannt nach dem nahegelegenen Roten Rathaus, reihen sich an unserer Backbordseite die Kneipen des Nikolaiviertels aneinander. Kurz vor der Mühlendammbrücke links liegt die Sportbootwartestelle der gleichnamigen Schleuse. Wir lassen ein in Gegenrichtung fahrendes Schiff der weißen Flotte passieren und fahren direkt in die Kammer ein.

Hinter der Schleuse lohnt ein Blick auf den Historischen Hafen und das Märkische Museum der Berliner Geschichte und Kultur. Passend zur Hafenszene bietet das Marinehaus maritime Kneipenatmosphäre. Gleich daneben hat sich die Volksrepublik China unübersehbar mit ihrer Botschaft niedergelassen. Hinter der Jannowitzbrücke schlängeln sich S- und Fernbahn auf Stützen am Ufer entlang in Richtung Ostbahnhof. Dahinter macht sich allmählich Berlins Partyszene mit zahlreichen Strandbars breit.

Hinter der Schillingbrücke schlängeln sich zwischen Stralauer Allee und Ufer einige hundert Meter verbliebene Mauer entlang. Leider sind die Kunstwerke der Eastside Gallery nur von der Straßenseite aus zu betrachten. Die der Spree zugewandte Seite mit den weniger künstlerisch wertvollen Graffitis wurde gerade weiß übermalt.

Die Mauerreste enden kurz vor der berühmten Oberbaumbrücke mit den beide Türmen. Hier befand sich einst ein Grenzübergang zwischen Ost und West. Gleich dahinter liegt am Anfang des ehemaligen Osthafens die Deutschlandzentrale eines amerikanischen Medienkonzerns. Früher hatte das Gebäude die Funktion eines riesigen Eierkühlhauses.

Wir fahren vorbei an der Einfahrt zum Landwehrkanal und dem Flutgraben mit dem vor Wintereinbruch geleerten Badeschiff und dem Partyschiff HOPPETOSSE außerhalb des Fahrwassers auf der Innenseite des ehemaligen Zollstegs dicht am Ufer entlang. Vorsichtig und mit Blick aufs Echolot zwängen wir uns am Bug einer Schiffsruine vorbei in Richtung Molecule Man. Die dreiteilige Metallskulptur soll die Einheit Berlins symbolisieren. Kurz vor der Elsenbrücke liegt eine Reihe gelber Sperrtonnen quer im Fahrwasser. Die Brücke weicht gerade einem Neubau und wir überlegen uns eine Alternativroute in Richtung Köpenick.

Die Oberschleuse des Landwehrkanals öffnet um 11.15 Uhr. Zeit für eine Kaffeepause. Ein Polizeiboot fährt eine halbe Stunde früher in die Schleuse. Der Skipper bittet uns, ihm nicht zu folgen. Schade. Angesichts der großen Schleusenkammer hätten wir die Gelegenheit gern genutzt. Mit zwei anderen Sportbooten, davon einem futuristisch anmutenden Rumpf mit Schweizer Flagge, passieren wir zur angekündigten Zeit die Oberschleuse und fahren mit reduzierter Geschwindigkeit im Konvoi in Richtung Neuköllner Kanal. Die Selbstbedienungsschleuse Neukölln scheint ein wenig altersschwach und träge. Der Wasserausgleich erfolgt anscheinend nicht über Klappenschütze. Das Tor vor uns öffnet nur einen Spalt weit und der Wasserausgleich geht gemächlich von statten. Dann öffnet sich das Tor für die Ausfahrt.

An der Kreuzung mit dem Teltowkanal entscheiden wir uns für den Umweg über den Britzer Verbindungskanal, um nach drei Kilometern wieder auf die Treptower Spree zu gelangen. Das östliche Ende des Teltowkanals wird von tristem Gewerbegelände flankiert. An der Spree erwarten uns historische Industriearchitektur und ein Bootsanleger mit Shoppingmöglichkeit.

In Köpenick entschließen wir uns, die Route über den Großen Müggelsee nach Zeuthen zu nehmen. Auf der Müggelspree in Klein Venedig kommt uns das andere Charterboot vom Landwehrkanal entgegen. Der Gosener Kanal ist wegen Arbeiten an einer Brücke gesperrt. Wir kehren um und nehmen die direkte Route. Am Köpenicker Schloss vorbei geht es zur olympischen Ruderregattastrecke von 1936 bei Grünau. Vorbei an den kleinen Inseln vor Karolinenhof erreichen wir die Schmöckwitzer Brücke. Auf dem Zeuthener See lassen wir die beflaggte Villa Dussmann an Steuerbord liegen und nehmen Kurs auf den Kirchturm. Nach dreieinhalb Tagen und rechtzeitig zum Abendessen beim Griechen nebenan erreichen wir den Zeuthener Steg von Kuhnle-Tours.

© 2022 by Klaus Neumann