Joystick Boating mit der Aquino 1190
In wenigen Minuten ist die erstmals auf einem Kuhnle-Charterboot installierte Joystick-Steuerung erklärt: Motor starten, grüne Taste drücken, um den Joystick zu aktivieren und schon kann es losgehen. Für die klassischen Fahrsituationen Voraus- und Rückwärtsfahrt legt man den Hebel nach vorn oder hinten, mal mehr, mal weniger, je nach gewünschter Geschwindigkeit. Bei normaler Vorausfahrt wird wie gewohnt mit dem Steuerrad Kurs gehalten. Zusätzlich beherrscht die Aquino noch das Fahren in Querrichtung, indem man den Joystick ausgehend von der mittigen Neutralstellung nach Backbord (links) oder Steuerbord (rechts) umgelegt, beispielsweise um das Boot in einer Schleuse sanft gegen die Mauer zu drücken. Die Krönung ist das Drehen des Bootes auf der Stelle. Hierfür wird der Kugelkopf in Neutralstellung des Joysticks leicht gegen den Uhrzeigersinn gedreht, oder eben in die andere Richtung, und prompt tanzt die Aquino auf dem Teller. Mit dieser Agilität könnte die Aquino glatt beim Hamburger Hafengeburtstag das Schlepperballett bereichern. In den Gewässern rund um Berlin hilft diese Funktion bestens beim Manövrieren in engen Häfen oder bei leichten Kurskorrekturen, zum Beispiel wenn man sich durch ein enges Schleusentor zwängen will, ohne Pfähle und dergleichen zu touchieren. Hinter der ganzen Zauberei stecken zwei Querstrahlpropeller – einer vorn, einer im Heck, und eine ausgeklügelte Regelungstechnik zwischen Joystick und denselben.
Raus aufs Wasser
Wegen ihrer großzügigen Breite von 3,90 Meter passt die Aquino gerade noch zwischen die Festmacherpfähle. Deshalb holen wir die außenbords aufgehängten Fender, die beim Anlegen und in Schleusen als Rammschutz dienen, vor dem Ablegen auf die Innenseite der Bordwand, damit sie zwischen dem Holz nicht gequetscht werden. Zündschlüssel ein wenig umdrehen, kurz vorglühen und dann weiter bis zum Anschlag – der Motor startet prompt und das an der Backbord-Außenwand knapp über der Wasserlinie austretende Kühlwasser signalisiert einen intakten Motorkreislauf. Das Landstromkabel und die Achterleinen werden an Bord genommen, und mit einem leichten Joystick-Push nach vorn zwängt sich der Bug zwischen den Pfählen durch. Mit einem kurzen Lassodrehwurf werden nun auch die beiden Vorleinen von den Pfählen gelöst und verschwinden nach dem Einholen unter eigens dafür vorgesehenen Decksklappen. Noch ein leichter Schub nach vorn, und unser Boot befinden sich im freien Wasser.
Doch halt! Vor dem Bug kommt nun der Nachbarsteg schnell bedrohlich nahe. Höchste Zeit, eine weitere Joystickfunktion einem Praxistest zu unterziehen. Das Drehen auf der Stelle gegen den Uhrzeigersinn, um den Bug ins Fahrwasser der Dahme zu schwenken, soll mit dem schwarzen Kugelkopf des Joysticks ausgelöst werden. Aber es tut sich nichts. Stattdessen treiben wir auf den Steg zu. Was ist da los, gerade eben funktionierte es noch? Ach so, der reguläre Fahrhebel liegt noch nach vorn. Schnell zurück in Nullstellung, schon lässt sich die Kugel drehen und der Bug folgt prompt, während das Hinterteil nach Steuerbord (rechts) driftet. Bei wenig Wind und ausreichend Abstand vom Ufer probieren wir gleich auch alle anderen Funktionen aus, und weil die erste Schleuse nur wenige Kilometer entfernt auf uns wartet, lassen wir die an der Reling befestigten Fender über die Kante baumeln. So haben wir auch gleich mehr Bewegungsfreiheit an Deck.
Die erste Schleuse
Inzwischen hat sich das Schleusentor kurz vor Königs Wusterhausen geöffnet und gibt den Weg für einige Boote frei, die uns entgegenkommend passieren. Nachdem das letzte Boot die Schleuse verlassen hat, schaltet unübersehbar eine Ampelanlage auf Grün. Erst ein Licht, kurz darauf ein zweites, und wir können zusammen mit zwei bereits wartenden Booten als drittes in die Schleuse einlaufen. Der Wärter ruft uns zu, an der (rechten) Steuerbordseite unsere Leinen um die in der Mauer verlaufenden gelben Eisenstangen zu legen, so dass wir mit den anderen Booten jeweils seitlich versetzt liegen. So haben wir mehr Spielraum, falls ein Boot unerwartet in Bewegung gerät, und genügend Platz hinter uns für einen kleineren Nachzügler.
Auf der Brücke gleich hinter der Schleuse haben sich unterdesssen zahlreiche Zaungäste eingefunden, die das noch etwas unbeholfen wirkende Schleusenmanöver kritisch beobachten. Der Schleusenwärter drängt uns, den Motor abzuschalten, damit er den Schleusungsvorgang einleiten kann. Durch Schiebeklappen, sogenannte Schütze, gelangt von vorn Wasser ins Schleusenbecken und der Pegel steigt rapide, bis er nach wenigen Minuten mit dem Oberwasser auf Gleichstand ist. In Schleusen dürfen anders als beim Festmachen am Ufer die Vor- und Achterleinen nur mit dem losen Ende in der Hand gehalten werden, damit das Boot bei steigendem oder sinkendem Pegel stets dicht an der Mauer entlanggeführt werden kann und beim Abwärtsschleusen nicht plötzlich in der Luft hängt. Nun öffnet sich das vor uns liegende Schleusentor und eine weitere Ampel schaltet auf Grün. Zündschlüssel am unteren Fahrstand auf Start stellen, bis der Motor rund läuft. Ein kurzer Blick über die Backbordwand – Kühlwasser läuft. Vor- und Achterleine los, nachdem sich das Boot vor uns in Bewegung gesetzt hat, dann ein kurzer Blick auf die Ruderlagenanzeige, die jetzt auf Geradeaus stehen sollte, mit dem Joystick einen kurzen Schubser nach Backbord, zurück in Neutralstellung und sogleich den Hebel leicht nach vorn gelegt. Unter den staunenden Blicken des Publikums nimmt unsere Aquino langsam Fahrt auf. Ich gehe bei Bedarf zurück in die Neutralstellung, um mit den anderen Steuerfunktionen den Rumpf in Fluchtlinie mit dem engen Schleusentor zu bringen. Geschafft, noch einige Leitpfähle und schon wird das Wasser wieder breiter.