vom 22.03. bis 27.03.2023 auf den Berliner Gewässern
1. Vor der Fahrt
„Man müsste mal …“ so fangen viele Geschichten an. Auch unsere.
Im vergangenen Jahr sagten wir uns: „Man müsste mal das Bootfahren aus der Perspektive der Wassersportler und Touristen erleben.“ Als langjährige Besatzungsmitglieder von Wasserrettungsstationen an den Berliner Gewässern sind wir regelmäßig auf dem Wasser, dann allerdings mit einem Rettungsboot und häufig nicht zum Spaß.
„Wassersport ist ziemlich teuer, das kann sich nicht jeder leisten“, ist ein übliches Argument gegen diesen schönen Sport. Im Verein sieht die Sache schon anders aus. Das gilt im Wasserrettungsdienst des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) und selbstverständlich ebenso für die anderen im Wasserrettungsdienst tätigen Hilfsorganisationen (die DLRG/Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, das DRK/Deutsches Rotes Kreuz und – an der Küste – die DGzRS/Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger). In diesen Hilfsorganisationen setzen sich Menschen in ihrer Freizeit mit viel Engagement für Menschen in Not ein.
Die Bereitschaft, in einem Ehrenamt aktiv zu werden, ist nach unseren Beobachtungen mit steigendem Einkommen der Menschen immer geringer ausgeprägt. Das heißt: Im Ehrenamt sind überdurchschnittlich viele Menschen mit geringem Einkommen engagiert, aus unserer Sicht oft ohne ausreichende Würdigung.
Auf der anderen Seite gilt: Wer es sich leisten kann, „fährt Boot und lässt retten“. Den Rettungsdienst – manchmal unter Einsatz des eigenen Lebens – machen andere.
Um die Arbeit unserer Stationsbesatzung zu würdigen, ist es seit Jahren eine schöne Tradition, dass wir kurz vor Beginn der Dienst-Saison etwas gemeinsam unternehmen. Da sind wir wieder am Anfang: Man müsste mal … – aber bezahlbar muss es für jeden von uns sein. Aus diesem Grund scheidet eine Bootscharter eigentlich schon aus. Es sei denn, es findet sich ein Partner, der die Aktivitäten unserer Samariterinnen und Samariter zu würdigen weiß und uns entsprechend unterstützen möchte. Also begaben wir uns auf die Suche (ganz ehrlich: wir haben nicht daran geglaubt).
2. Der Fund
Ende Januar kamen wir mit Kuhnle-Tours in Kontakt. „Plötzlich und unerwartet“ kann auch einmal positiv verstanden werden: Wir trugen unser Anliegen vor und stießen auf Begeisterung für unsere Arbeit und viel Verständnis für unsere Situation. Dank einer großzügigen finanziellen Regelung war eine Bootsreise in greifbare Nähe gerückt.
Also schnell noch alle offenen Fragen klären und die Verträge unterzeichnen. Vorfreude keimt auf …
3. Der Törn
22.03.2023
Endlich ist er da, der 22.03.2023, der Tag der Bootsübernahme. Das Boot liegt für uns bereit in der Kuhnle-Marina in Zeuthen bei Berlin – quasi mitten in unserem Einsatzgebiet.
Das für uns reservierte Boot ist eine Kormoran 1280. Sie hört auf den schönen Namen „Riga“ und misst 13,10 x 3,90 m. Der Tiefgang ist mit 0,85 m ausgewiesen, die Durchfahrtshöhe beträgt schlanke 2,85 m bei gelegtem Bimini. Das Bimini soll – so wird uns mitgeteilt – während der Fahrt immer gelegt werden, damit man nicht an den niedrigen Berliner Brücken hängen bleibt.
Da alle Mitreisenden an diesem Tag noch arbeiten müssen, hat sich unser Skipper bereiterklärt, das Boot um 15 Uhr allein zu übernehmen. Erste Überraschung: Wir sind in Zeuthen „Charterkunde Nr. Eins“ dieser Saison. Die zweite Überraschung: Für ein Boot mit Baujahr 2003 ist die „Riga“ innen und außen in einem erstaunlich guten Zustand.
Der Nachmittag vergeht mit der obligatorischen Einweisung, einer kurzen Probefahrt und dem leidigen Papierkram. Man gibt uns noch den gut gemeinten Rat, immer alle Papiere bei der Hand zu haben. Zu dieser Jahreszeit kontrolliere die Wasserschutzpolizei sehr gern.
Nach dem Stauen der Vorräte und Aufklaren hat sich der Skipper ein Feierabendbier verdient. Das Wetter (WX 17 Uhr) passt dazu: 5/8 bewölkt, sonnig und gute Sicht, Wind mit 3 bis 4 Bft. aus SSO und 21 °C (!).
23.03.2023
Am 23.03.2023 zeigt sich, dass es doch erst März ist: WX 08 Uhr 8/8 bewölkt, Regen, Wind mit 1 bis 2 Bft. aus SSW, 11 °C.
Morgens um 08 Uhr kommt der erste Teil der Mannschaft an Bord. Nach dem gemeinsamen Frühstück geht es los in Richtung Innenstadt.
Wir fahren zur ASB-Station Badewiese und statten ihr einen kurzen Kontrollbesuch ab (einige Crewmitglieder haben hier ihren ehrenamtlichen Arbeitsplatz). Dass die Stationen übrigens alle so verlassen aussehen, hat einen Grund: Wir haben März, Saisonstart ist das erste April-Wochenende.
Es geht weiter durch Schmöckwitz, über den Langen See und vorbei an der berühmten Regattastrecke auf der einen Seite und dem ebenso berühmten Müggelturm auf der anderen. Am Langen See befindet sich die Station Bammelecke, eine von zwei Stationen der DLRG im Bereich Dahme/Spree.
Weiter geht es am Ortsteil Wendenschloss entlang. Kurz nachdem wir unsere Werft an Steuerbord passiert haben, fahren wir in den Teltowkanal ein. Die Werft macht zu dieser Jahreszeit ebenfalls einen verlassenen Eindruck, aber das täuscht. In der Halle wird letzte Hand an die Boote gelegt, damit sie zum Saisonbeginn geslippt werden können. Dann sind unter der Woche alle Stege vor dem Gebäude mit Booten belegt, denn der ehrenamtliche Wasserrettungsdienst steht heute nur an den Wochenenden zur Verfügung. Vor 30 Jahren war das noch anders, da waren die Helfer auch da, wenn unter der Woche Wassersportler oder Schwimmer in Seenot kamen …
Seit den Mittagsstunden frischt der Wind deutlich auf, er weht jetzt mit 4 Bft. aus Westen. Dafür wird es teils sonnig.
Unser Ziel für diesen ersten Tag soll der Hafen Tempelhof sein. Um 13.20 Uhr haben wir ihn erreicht – und sind überrascht, dass zu dieser Jahres- und Tageszeit bereits alle Gastliegeplätze (für die Größe unseres Bootes) belegt sind. Wer in der Saison hier einen Zwischenaufenthalt plant, sollte also lieber vorher nachfragen.
Da wir noch ausreichend Zeit haben, fahren wir den Teltowkanal wieder zu Berg, dann über den Britzer Zweigkanal bis zur Spree und diese ebenfalls zu Berg in Richtung Köpenick.
Auf den Liegeplätzen hinter dem Köpenicker Schloss steht direkt der Wind, weshalb wir auf ein Liegen hier verzichten. Da wir morgen sowieso nochmal Richtung Innenstadt wollen, gehen wir zur Nacht etwas außerhalb von Köpenick spreeab an eine sehr ruhige Liegestelle.
Dort sind wir zu dieser Jahreszeit noch allein. Zum Abend wird das Wetter wieder deutlich wechselhafter (WX 17 Uhr 7/8 bew., Regenschauer mit kräftigem Wind, sonnige Abschnitte, Wind mit 5 Bft. aus WSW, in Böen 7 Bft.).
24.03.2023
Der Freitag erwartet uns mit 8/8 Bewölkung, guter Sicht, Wind mit 1 bis 2 Bft. aus West, 12 °C sollen es noch werden. Da der große Streik kommenden Montag bereits seine Schatten voraus wirft, holen wir sicherheitshalber noch schnell die aktuellen Schleusen-Infos ein, dann geht es wieder los Richtung Innenstadt. Diesmal ausschließlich auf der Spree.
Der nette Schleusenwärter hat uns zwar bestätigt, dass die Mühlendamm-Schleuse normal in Betrieb ist, aber auch mitgeteilt, dass die Schillingbrücke in Höhe Ostbahnhof noch bis 15 Uhr wegen Bauarbeiten komplett gesperrt wäre. So richtig können wir das nicht glauben – Bauarbeiten, Freitag, bis 15 Uhr??? Wir fahren also los (WX 10 Uhr 7/8 bew., gute Sicht, Wind mit 3 bis 4 Bft. aus West, Böen bis 6 Bft., 12 °C).
Um 12.30 Uhr sind wir an der Schillingbrücke – von den Bauarbeitern keine Spur, die Arbeitsboote liegen sicher vertäut am Ufer, keine Sperrzeichen – also auf in Richtung Mühlendamm-Schleuse.
Trotz telefonischer Anmeldung lässt uns der freundliche Schleusenwärter an der Sportboot-Wartestelle festmachen, um 20 Sekunden. später die Einfahrt in die bereits vorher geöffnete Schleuse freizugeben. Er wollte vielleicht erst einmal sehen, wie sich die Charterboot-Crew anstellt. Zwar sind die Berliner Gewässer in diesem Bereich nur mit Sportboot-Führerschein zu befahren, aber auch Schein-Inhaber sind nicht immer fit in der Handhabung von Charterbooten. Im Bereich der Mühlendamm-Schleuse ist bei bestimmten Windrichtungen mit unangenehmen Scherwinden zu rechnen, die das Manövrieren in der Schleuse zu einem aufregenden Spektakel werden lassen können. Wir sind nach einem Tag Training auf diesem Bootstyp bereits eingespielt, so dass die Manöver auch mit kräftigen Scherwinden (in Böen bestimmt 5 bis 6 Bft.) tadellos gelingen.
Hinter der Mühlendamm-Schleuse reihen wir uns in den zahlreichen Sightseeing-Verkehr ein. In der Saison sind deshalb Sportboote von 10 Uhr bis 19 Uhr mit Binnenschiffahrtsfunk ausrüstungspflichtig, aber das gilt erst ab 01. April.
Wir machen an der Liegestelle Schiffbauerdamm am Bahnhof Friedrichstraße fest und wollen ein Crewmitglied an Bord nehmen. Zuvor bekommen wir noch Besuch der Wasserschutzpolizei (WSP 34). Die angekündigte Kontrolle. Und man macht uns darauf aufmerksam, dass wir eigentlich hier und heute gar nicht liegen dürfen – die Liegestelle gilt nur in der Saison und nur für maximal 24 Stunden. Allerdings stellt sogar die freundliche Polizistin fest, dass die Beschilderung durchaus auch anders verstanden werden kann.
Nettigkeit zahlt sich aus – wir dürfen bleiben und unsere Crew vervollständigen. Nachdem das gelungen ist und die Einweisung erfolgte, werfen wir während eines unvermittelten Regenschauers los und fahren dann aber bei bester Sonne weiter Richtung westliche Innenstadt. Es geht vorbei am Regierungsviertel, am Hauptbahnhof, an den Schlössern Bellevue und Charlottenburg. Wir fahren bis zur Schleuse Charlottenburg, biegen dort noch ein Stück auf den Westhafenkanal ein und wollen eigentlich über den Charlottenburger Verbindungskanal wieder zurück zur Spree.
Dieses Kanalstück ist jedoch in beiden Richtungen wegen Bauarbeiten gesperrt, so dass wir umkehren und den gleichen Weg zurück bis zum Schloss Charlottenburg nehmen.
Dort gibt es eine ausgewiesene Liegestelle, die in dieser Nacht zudem den Vorteil hat, sehr windgeschützt zu sein. Unweit davon befindet sich ein Craft-Bier-Brauhaus, Abendessen und Tagesausklang sind also gesichert.
25.03.2023
Wir werfen bereits um 07.50 Uhr los. Wir wollen vor den Ausflugs-Dampfern unterwegs sein. Tatsächlich sind wir fast den gesamten Weg zurück bis zur Mühlendammschleuse allein (WX 08 Uhr 2/8 bew., sonnig, Wind mit 3 bis 4 Bft. aus West, Böen bis 6 Bft., 10 °C).
Die Mühlendammschleuse passieren wir nach einer Viertelstunde Wartezeit, wieder mit kräftigen Scherwinden. Nach der Schleuse ist „Kaffee maritim“ angesagt, die Chefin der Pantry hat sich selbst übertroffen.
Die Halbinsel Alt-Stralau war einmal eine ärmliche Fischersiedlung, heute ist es ein hipper Stadtteil mit schicken Neubauten.
Es geht die Spree hinauf in Richtung Köpenicker Becken. Wir biegen in die Müggelspree in Richtung Müggelsee ab. Inzwischen hat der Wind auf 4 bis 5 Bft. aufgefrischt, die Böen mit bis 7 Bft. werden zahlreicher.
Kurz vor 12 Uhr erreichen wir Friedrichshagen und den Ausgang des Müggelsees. Die Tonnen des vorgeschriebenen Fahrweges für motorbetriebene Fahrzeuge sind nach der Winterruhe noch nicht wieder ausgelegt, dank des selbst mitgebrachten GPS/MovingMap sind wir absolut „vorschriftsmäßig“ unterwegs. Das Boot bewegt sich in den 30 bis 50 Zentimeter hohen, von steuerbord-achtern anlaufenden Wellen fast überhaupt nicht und läuft überraschend kursstabil. Lediglich die Seitenwind-Komponente muss beachtet werden – bei der Seitenfläche kein Wunder.
Mit dem entsprechenden Vorhaltewinkel gelingt eine Punktlandung an der Wasserrettungsstation Rahnsdorf, gelegen unmittelbar am Eingang des Großen Müggelsees. Weiter geht es durch einen der schönsten (leider im Sommer auch vollsten) Abschnitte der Berliner Gewässer, der Müggelspree bis zum Dämeritzsee bei Erkner. Von dort fahren wir bei immer noch auffrischendem Wind über den Seddinsee in Richtung Schmöckwitz (WX 13.30 Uhr 6/8 bew., Schauer, gute Sicht, Wind mit 5 Bft. aus SW, Böen 7 Bft., 10 °C).
Ein einziges Boot außer uns ist auf dem ganzen See zu sehen – ebenfalls eine Kormoran von Kuhnle Tours. Es ist zu Gast auf einer unserer Wasserrettungsstationen und Kulisse für einen Filmdreh. Also schnell mal neugierig (nicht zu nah!) vorbeigefahren, fröhliches Winken auf beiden Seiten, dann biegen wir in die Große Krampe nach Norden.
Die Große Krampe ist ein Dahme-Altarm, der in Müggelheim endet. Dort befindet sich ebenfalls eine unserer Wasserrettungsstationen. Wir machen zu einer Kontrolle der Station (einige unserer Crew-Mitglieder kommen von hier) bei ordentlich auflandigem Wind kurz fest. Das Ablegen bei Seitenwind von 7 Bft. ist tricky und gelingt nur, weil wir genaueste Revierkenntnis haben (Wassertiefe am Steg)! Für „normale“ Charter-Crews ist so etwas nicht zur Nachahmung zu empfehlen!
Warum wir die Böigkeit nicht abgewartet haben? Eine schwarze Wand zog auf und verhieß nichts gutes, da wollten wir auf jeden Fall vorher verschwunden sein.
Als der Himmel seine Schleusen öffnete, waren alle Manöverstationen ordenlich aufgeklart und wir im trockenen Steuerhaus versammelt. Der folgende Wolkenbruch war einer der beeindruckensten der letzten Zeit und wir wussten ein Boot mit einem geschlossenen Steuerhaus sehr zu schätzen.
Die Regengüsse haben wir mit einer kleinen Ausdehnung unserer Fahrt nach Schmöckwitz um den Großen Rohrwall auf dem Langen See abgewettert. Danach kurzer Zwischenstopp in Schmöckwitz, bevor wir zum Abend im Kuhnle Tours-Hafen in Zeuthen festmachen.
26.03.2023
Der Sonntag, beginnt mit einem Zeitsprung – ab heute gilt wieder die MESZ. Also WX erst 9 Uhr (7/8 bew., leichter Regen, gute Sicht, Wind mit 1 bis 2 Bft. aus West, 8 °C).
Nach ausgiebigem und spätem Frühstück werfen wir los und fahren Dahme-aufwärts in Richtung Königs Wusterhausen. Auf dem Weg dorthin stoppt uns die WSP 20. Kontrolle. Diesmal nur die Papiere, falsch gemacht haben wir nichts. Und man kennt sich aus dem Revier. Deshalb alles sehr nett, freundlich und nach fünf Minuten erledigt.
Wir fahren nach Königs Wusterhausen und wenden nach dem Hafen. Die Schleuse Neue Mühle, über die man die Dahme weiter zu Berg fahren könnte, hat an diesem Sonntag nicht geöffnet. Das hat ausnahmsweise nichts mit dem Streik am morgigen Montag zu tun, sondern ist in der Zeit außerhalb der Saison immer so. Ab 1. April ändert sich das: Bis Ende Oktober ist die Schleuse auch Sonntags besetzt.
Nun also stromab und dann abbiegend in Richtung Krossinsee. Über den Oder-Spree-Kanal gelangen wir wieder in den Seddinsee. Von dort fahren wir nochmal über den Gosener Kanal in den Dämeritzsee, wenden uns diesmal aber in Richtung Osten nach Erkner. Hinter der Ortslage beginnt der Flakensee, an dessen nördlichem Ende der Ort Woltersdorf mit der gleichnamigen Schleuse in die Rüdersdorfer Gewässer liegt. Wir wollen aber nur bis nach Woltersdorf, da uns ein kleiner Hunger plagt.
Die Suche nach einer Liegestelle treibt den Hafenmeister eines Segelclubs auf den Steg, um uns persönlich in Empfang zu nehmen. Er geht nach dem Festmachen auch gleich ins Gasthaus, um unser Erscheinen anzukündigen. Neben dem ausgesprochen netten Empfang ist das Gasthaus „Klabautermann“ erwähnenswert, welches neben einem wunderbaren Blick über den Flakensee und den Ort Woltersdorf auch über eine sehr gute Küche verfügt. Die Forelle „Müllerin“ war eine der besten der letzten Jahre – und wir sind sicher, dass wir nicht alle Fische aufgegessen haben.
Leider ist für einen Abstecher in die Löcknitz nach Grünheide (ja, das ist der Ort, wo Elon Musk seine Tesla-Fabrik gebaut hat) keine Zeit mehr. Das Essen war so vorzüglich, dass wir uns entsprechend Zeit gelassen haben. Übrigens: Die Löcknitz wird zwar regelmäßig auch von Ausflugs-Dampfern befahren, verkrautet aber im Verlauf der Saison derart, dass eine Fahrt eigentlich nur bis Mai empfehlenswert ist.
Der Rückweg führt uns über die bekannten Gewässer Flakensee, Dämeritzsee, Gosener Kanal und Seddinsee. Dort begegnen wir wieder der Filmcrew, diesmal mit dem Boot auf dem See.
Ziemlich wehmütig laufen wir in Richtung Zeuthener See, passieren kurz vor dem Einlaufen noch die ASB-Station Zeuthen am gegenüberliegenden Ufer und machen kurz vor dem Dunkelwerden in der Kuhnle-Marina fest.
Aufklaren, Abrüsten und Autos packen sind die letzten Aktivitäten des Tages. Die Crew-Mitglieder verabschieden sich, nur der Skipper bleibt für die Übergabe am morgigen Tag an Bord.
27.03.2023
Der Morgen der Rückgabe wartet mit einem schönen Sonnenaufgang auf, nach einer Nacht mit um die Null Grad – da schätzt man die gute Heizung, die das Boot ohne Zweifel hat.
Die Rückgabe verläuft wie die Übergabe völlig unkompliziert. Wir haben allerdings auch ordentlich Groß-Reinschiff gemacht, Schäden sind innen wie außen keine zu beklagen. Einen großen Dank an alle Mitarbeiter der Charterbasis, die mit ihrer Arbeit zum Gelingen der Tour beigetragen haben.
Das Fazit
Die Mitglieder der ehrenamtlichen Stationsbesatzungen bedanken sich hiermit bei der Firma Kuhnle-Tours, die durch ihr Entgegenkommen dieses Erlebnis für uns möglich gemacht hat. Vielen Dank für Ihre Würdigung unserer Arbeit, die Sie dadurch zum Ausdruck gebracht haben. Dank auch an alle Mitarbeiter, die vor und hinter den Kulissen für uns tätig waren: Stellvertretend seien genannt die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, die Reservierungscrew und die Geschäftsleitung.
Ein Fazit erwartet der geneigte Leser sicher auch im Hinblick auf das Boot, kann es doch eine gute Entscheidungshilfe sein, wenn man sich mit dem Gedanken an eine Charter beschäftigt.
Wie bereits erwähnt, machte das Boot für seine 20 Lebensjahre einen gepflegten und aktuellen Eindruck. Erwähnenswerte technische Unzulänglichkeiten sind uns nicht aufgefallen. Die Bilge war vollständig trocken. An einigen Stellen war sichtbar, dass im Laufe der Zeit Erneuerungen stattgefunden haben (Vorhänge, Beschläge, Toiletten-Pumpspülung).
Die Polsterung im gesamten Boot ist sicher auch vor kurzem erneuert worden, erschien uns auf den Lattenrosten der Kojen aber ein wenig unterdimensioniert. Wer es gern mag, wird sich über den recht harten Liegekomfort freuen. Der Polsterschaumstoff nimmt offenbar kein Wasser auf, selbst als erste Charterer nach der Winterruhe wirkte kein Polster feucht oder klamm. Dazu tragen sicher auch die sehr wirksame Warmwasser-Heizung und die Lattenroste bei, die Unter- und Hinterlüftung sorgt überall für Zirkulation. Beeindruckend für ein Boot dieser Länge sind die Dimensionen der Kojen. Wir können uns nicht erinnern, jemals auf einem Boot schon so lange Kojen gesehen zu haben. Das wird große Menschen freuen, da die Kojenmaße meist ein Problem in der Seefahrt sind und daran oft gespart wird.
Staumöglichkeiten sind zahlreich und gut nutzbar vorhanden. Die Tanks für Frisch- und Schwarzwasser sowie Diesel sind gut dimensioniert. Bewegungsraum ist ausreichend vorhanden.
Ausgelegt ist das Boot für eine Besatzung von 7 + 2, also sieben Kojen in drei Kammern und zwei Liegemöglichkeiten in der umgebauten Sitzgruppe im Steuerhaus. Jede Kammer hat eine eigene Nasszelle mit WC und Dusche.
Besetzt man das Boot mit der maximalen Anzahl von Personen, dürfte es recht eng werden. Mit einer Besatzung von sechs Personen fährt es sich sehr angenehm.
Das Boot dürfte auch für einen unerfahrenen Chartergast gut handhabbar sein. Beachtet man die Limitationen, ist das Boot immer gefahrlos zu führen. Der Geradeauslauf allerdings ist seine Sache nicht, es braucht sehr regelmäßige Korrekturen, möchte man nicht „seinen Namen schreiben“. Die Seitenwind-Anfälligkeit muss man beachten, aber die ist nunmal konstruktionsbedingt und dem Komfort in der Unterbringung geschuldet. Der recht breite Bug macht das Fahren gegenan nicht unbedingt ruhig, vor der Welle läuft das Boot wesentlich angenehmer.
Wie bei Charterbooten üblich, ist die Motorisierung so ausgelegt, dass die gesetzlich zulässige Geschwindigkeit für Charterschein-Gäste (12 km/h) nicht überschritten wird. Manchmal wirkt das Boot dadurch beim Manövrieren etwas schwachbrüstig. Gut hingegen ist die Ausstattung mit einer hydraulischen Kraftübertragung auf die Schraube und auf das Bugstrahlruder, welches dadurch im Betrieb zeitlich nicht limitiert ist (wenn man es denn braucht …). Vibrationen sind dadurch so gut wie keine zu spüren. Auch der Geräuschpegel ist im Steuerhaus und auf Deck angenehm niedrig.
Alles in allem können wir sagen, dass das Boot unsere Erwartungen mehr als erfüllt hat. Für den Fall, dass sich noch einmal eine Charter-Gelegenheit ergibt, werden wir diese sicher gern in Anspruch nehmen.