Zwei junge Männer aus Indien als Azubis bei KUHNLE-TOURS
9000 Kilometer liegen zwischen dem südwestindischen Bundesstaat Kerala und der Müritz. Von da stammen zwei der Azubis, die in diesen Tagen ihre Ausbildung zum Kaufmann für Tourismus und Freizeit in Mecklenburg-Vorpommern begonnen haben: Mohammed Safwan (21) aus Thrissur und Anett Adams (22) aus Kollam. Im Hafen ihres Ausbildungsbetriebes KUHNLE-TOURS am Südufer der Müritz sind sie leicht zu erkennen: „Suchen Sie sich einfach die beiden Jungs mit den meisten Klamottenschichten übereinander“, sagt Azubi-Patin Jasmin Bräuer gut gelaunt.
Aus der Perspektive von Mohammed und Anett ist es durchaus angebracht, sich warm einzupacken, in diesem Mecklenburger Sommer, der auch als Herbst durchgehen würde. „Bei uns zuhause sind jetzt um die 35 Grad Tagestemperatur“, sagt Mohammed und blickt stirnrunzelnd einer Bootscrew in kurzen Hosen beim Verlassen des Hafens nach.
Wie kommt es, dass man knapp ein Viertel des Erdumfangs zurücklegt, um eine Ausbildung zu machen?
„Ich war schon immer reiselustig“, berichtet Anett. Da lag es nach der Schule nahe, eine Ausbildung im Bereich Tourismus zu machen. Er machte seinen Bachelor, stellte jedoch fest, dass alle Theorie grau ist. Da Europa ohnehin auf seiner Bucket-List stand, suchte er nach Möglichkeiten, mehr praktische Fähigkeiten zu lernen und gleichzeitig zu reisen. Auch der weltweit gute Ruf des deutschen dualen Ausbildungssystems beeindruckte ihn. „Wenn du in Indien das College verlässt, hast du zwar einen Bachelor, aber eben vor allem theoretisches Wissen. Um ein wirklicher Tourismusprofi zu sein, brauchst du praktische Erfahrung.“
Auch für Mohammed ist die Lehre zum Kaufmann für Tourismus und Freizeit bereits die zweite Ausbildung. Er hat eine Ausbildung im Bereich Flugreisen abgeschlossen. Schon für diese Ausbildung hatte er sich entschlossen, weil sie große Chancen versprach, ins Ausland zu gehen. So drückten die beiden jungen Inder noch einmal die Schulbank, um Deutsch zu lernen. Außerdem absolvierten sie einen Lehrgang in Indien, der sie auf die hiesige Kultur, Sitten und Gebräuche vorbereitet hat.
„Wenn jemand langsam spricht, oder wir Schriftsprache verstehen müssen, geht es eigentlich. Aber die meisten Menschen hier sprechen ja sehr schnell, da ist es noch schwer mitzukommen“, gibt Mohammed zu.
Trotzdem sind Anett Adams und Mohammed Safwan guter Dinge, dass sie zügig Fortschritte machen. Dabei ist Deutsch bei weitem nicht das einzige, was sie hier lernen müssen. Die beiden teilen sich eine Wohnung in Rechlin und müssen sich selbst versorgen. An den bislang noch arbeitsfreien Wochenenden kochen die jungen Männer gemeinsam. Auch das ist eine Premiere, denn beide wohnten bis auf ihre Studentenzeit bei ihren Familien inklusive Hotel-Mama-Service. Sie können es kaum erwarten, das W-LAN in ihrer Wohnung ans Laufen zu bringen, damit sie sich von Zuhause aus von ihren Müttern per Videocall im Kochen coachen lassen können. Wenn es also im Rechliner Mehrfamilienhaus demnächst nach Curry duftet: Nicht wundern! Aber vielleicht auf eine Einladung zum Essen hoffen.